7 steile Thesen zur Innenstadt 2050: Erlebniswelten statt Konsumtempel – Neue Geschäftsmodelle & ein Weckruf für Shoppingcenter-Entwickler

Geschrieben von
Sarah
Schlesinger
Veröffentlicht am
Sep 3, 2022

Die Zukunft der Innenstädte ist digital, erlebnisorientiert und nachhaltig. Für Shoppingcenter-Entwickler, -Manager und -Vermieter steht ein radikaler Umbruch in Prozessen und Geschäftsmodellen bevor.

Wer jetzt nicht die Weichen stellt, riskiert, von der Entwicklung überholt zu werden. 

1. Die Entmaterialisierung des Handels: Von Showrooms zu Erlebniswelten

Der klassische Einzelhandel, wie wir ihn kennen, wird zur Randerscheinung. Stattdessen werden Innenstädte zu Zentren für virtuelle Erlebnisse, personalisierte Avatare und immersive Welten. Shoppingcentertransformieren sich zu „Experience Hubs“, in denen Menschen digitale Gütertesten, personalisieren und in virtuellen Realitäten handeln.

Dadurch werden traditionelle Ladenflächen zu flexiblen, modulierbaren Räumen für wechselnde virtuelle Erlebnisse. Die Grenze zwischenrealer und virtueller Welt verschwimmt, und Handelsimmobilien werden zu Schnittstellen dieser hybriden Realität. Das klassische „Miete pro Quadratmeter= Rendite“ – Geschäftsmodell wird unter diesen Vorzeichen nicht länger der dominante Revenue-Stream und Bewertungsfaktor sein, lange nicht mehr der einzige, zumindest nicht in der Konstellation wie heute, sondern ggfs. durch Zwischenschaltung eines Providers, der in der Lage ist die Angebote zu bündeln und dem Shoppingcenter-Eigentümer nur noch die „Miete“ überweist. 

2. KI-gesteuerte Individualisierung: Personalisierung als Erfolgsfaktor

Künstliche Intelligenz wird nicht nur den Online-Handel, sondern auch den stationären Handel revolutionieren. Shoppingcenter werden zu „Personalisierungs-Zentren“, in denen KI-gesteuerte Systeme individuelle Bedürfnisse und Wünsche in Echtzeit erfassen und erfüllen.

In der Konsequenz verschwinden standardisierte Ladenkonzepte und Handelsimmobilien werden zu dynamischen, sich ständig anpassenden Umgebungen. Der zunehmende Wunsch und Drang nach Individualität statt Stangenware wird erfüllt durch Technologie: KI-gesteuerte Roboter und3D-Drucker produzieren personalisierte Produkte „on demand“.

3. Die Renaissance der lokalen Gemeinschaften: Regionalität als Trumpf

Geopolitische Unsicherheiten und Lieferkettenprobleme führen zu einer radikalen Regionalisierung des Handels. Innenstädte werden zu „Community Hubs“, in denen lokale Produzenten, Handwerker und Künstler ihre Waren und Dienstleistungen anbieten.

Handelsimmobilien werden zu multifunktionalen Räumen, die Produktion, Verkauf und soziale Interaktion verbinden. Nachbarschaftliche Netzwerke und Sharing-Plattformen gewinnen an Bedeutung. Auch daraus ergeben sich neue Geschäftsopportunitäten für Shoppingcenter-Eigentümer &-Betreiber. 

4. Die Dekonstruktion des Konsums: Nachhaltigkeit als Leitprinzip

Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung haben bereits zu einemradikalen Umdenken im Konsumverhalten geführt. Akzeptierte Produkte werden ob sinkender Produktionskosten zunehmend wettbewerbsfähig, denn Preis bleibt King. Kostensensibilität steigt parallel zum Durchsetzen des Kreislaufgedankens. So werden Innenstädte zu „Reparatur- und Recycling-Zentren“, in denen Produkterepariert, wiederaufbereitet und geteilt werden.

Handelsimmobilien werden dabei zu Orten, an denen Kreislaufwirtschaft und nachhaltiger Konsum gelebt werden. Vermietung von Flächen wird völlig neu gedacht werden müssen: Sharing-Modelle und Reparaturcafés werden zum neuen Standard. 

5. Die Verschmelzung von Handel und Kultur: Erlebniswelten als Magnet

Innenstädte werden zu „Kultur- und Erlebnis-Oasen“, in denen Handel, Kunst, Musik und Gastronomie verschmelzen. Shoppingcenter werden zu Bühnen für kulturelle Veranstaltungen, Installationen und Performances – auf ganz anderem Niveau als der Auftritt des lokalen Turnvereins auf der Osterbühne.

Handelsimmobilien werden zu Orten, die Menscheninspirieren, unterhalten und zum Verweilen einladen.

Kreative und kulturelle Angebote werden zum entscheidenden Faktor für die Attraktivität von Innenstädten. 

6. Neue Geschäftsmodelle für eine neue Ära

Das traditionelle Geschäftsmodell von Shoppingcenter-Investoren, das auf Fix-Mietzahlungen plus Umsatzbeteiligungen basiert, wird ausgedient haben.

Stattdessen werden innovative Geschäftsmodelle gefragt sein, die auf Erlebnissen, Daten und Community-Engagement basieren, was völlig veränderte Vermarktungsstrukturen auf Seiten der Shoppingcenter-Betreiberanstelle der klassischen Vermietungsabteilung brauchen wird.

Was uns erwarten wird an neuen Umsatz-Streams und Geschäftsmodell-Optionen.

1. Erlebnisorientierte     Geschäftsmodelle:

- Abonnementmodelle für     exklusive Veranstaltungen und Services.

- Vermietung von Event-     und Veranstaltungsflächen.

- Partnerschaften mit der     Unterhaltungsindustrie.

- Ausweitung der     Gastronomie und Freizeitangebote.

2. Datengesteuerte     Geschäftsmodelle:

- Personalisierte Services     auf Basis von Kundendaten.

- Vermarktung von     anonymisierten Kundendaten.

- KI-gestützte Services     zur Optimierung des Kundenerlebnisses. 

3. Community-basierte     Geschäftsmodelle:

- Vermietung von Flächen     für Sharing-Angebote

- Integration von     Community-Spaces für lokale Projekte

- Förderung lokaler     Produzenten und Handwerker – Shoppingcenter als Plattform für Services 

4. Flexible und modulare     Flächenkonzepte:

- Pop-up-Flächen für     wechselnde Konzepte.

- Integration von     Co-Working-Spaces.

- Multifunktionale Flächen     für verschiedene Nutzungen. 

7. Finanzinvestoren im Wandel: Nachhaltigkeit als Renditebringer

Auch für Finanzinvestoren und Finanziers ändert sich die Perspektive. Nachhaltige und zukunftsfähige Shoppingcenter-Standorte, die auf Erlebnisse, Community-Engagement und innovative Geschäftsmodelle setzen, werden zu attraktiven Anlageobjekten.

Die Gründe liegen auf der Hand bzw. vor der Tür. Dabei geht es um knallharte Wirtschaftlichkeit, den gesteigerte Attraktivität für Nutzersorgt für das langfristige Funktionieren des Standortes. Dazu zählen die Komponenten „Grün“ und „Social“, die nicht als Selbstzweck sondern Mittel zum ökonomischen Erfolg eingesetzt werden.

So sorgen sie für Resilienz gegenüber globalen Krisen durchhohen Lokalitäts-Funktions- und Identifikationsfaktor, hohes Potenzial für langfristige Wertsteigerung sowie die positive Auswirkungen auf die weitere lokale Wirtschaft und Gesellschaft, die sich ja wie ein Kreislauf wieder in den Erfolg des Shoppingcenters zurückführt. Nachhaltigkeit in der ganzen Breite wird somit ein immer wichtigeres Kriterium von Investoren zur Allokation ihres Kapitals.

 

 

Ein Weckruf für den Shoppingcenter-Sektor

Die Transformation des Handelsimmobilien-Sektors, ganz besonders bezogen auf Shoppingcenter ist unausweichlich.

Wer jetzt nicht handelt, riskiert, den Anschluss zu verlieren. Oder hat ihn bereits verloren.

Eine neue starke Positionierung im lokalen und regionalen Umfeld, ein Neu-Denken von Vermarktungsstrukturen und ein radikales Neu-Denkendes Angebots zur Flächenverwertung werden erfolgsentscheidend.

Ja, daran hängen Macht-, Struktur- und Budgetverteidigungslinien, die es aufzubrechen und neu zu stricken gilt.

Fest steht, einiges davon ist eigentlich schon ein „alter Hut“, zumindest in den Diskussionen. Vieles davon wird schon als Best Practice Beispiele irgendwo gemacht. Nichts davon ist völlig neu.

Nur die Konsequenz im Wandel des Geschäftsmodells von Shoppingcenter-Investoren und -Betreibern fehlt.

 

Einige werden den Weg schneller gehen als andere. Und dabei wird es Sieger geben, die den Erfolg einheimsen, während andere Ungläubige, Langsame oder Verharrende abgehängt werden.

 

Für die, die (auch oder endlich?) in Zukunft ihr Unternehmen und ihre Objekte zukunftssicher und knallhart wirtschaftlich stark aufstellen wollen, ist es an der Zeit, alte Denkmuster zu verlassen und neue Wege zugehen. Die Zukunft gehört denjenigen, die bereit sind, sich neu zu erfinden.

 

Über
Sarah
Schlesinger

Sarah Schlesinger ist Managing Partner bei blackprint. In ihrer Rolle vernetzt sie gezielt etablierte Immobilienunternehmen, PropTechs und Wagniskapitalgeber miteinander und treibt digitale Geschäftsmodelle zur Schaffung einer nachhaltig funktionierenden Bau- und Immobilienwirtschaft voran. Im ZIA leitet sie die Projektgruppe ESG & Digitalisierung, im BITKOM ist sie Vorständin des AK Digital Construction & Real Estate. Vor ihrer Zeit bei blackprint gründete und führte sie vier Jahre lang ein eigenes PropTech und leitete sechs Jahre für einen internationalen Shoppingcenter-Betreiber die Servicegesellschaften zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. 2019 wurde Sarah Schlesinger mit dem Deutschen Exzellenz-Preis in der Kategorie „Manager & Macher“ ausgezeichnet. Das Branchenmagazin immobilienmanager wählte sie zudem 2019, 2020, 2021 und 2022 unter die Top 25 Frauen der Immobilienwirtschaft.

Über
blackprint

Als Pioniere der Bau- und Immobilienwelt treibt blackprint als Digitalisierungs-Hub die Zukunftsfähigkeit der Bau- und Immobilienwelt voran. blackprint wurde 2016 von der Feldhoff Gruppe gemeinsam mit weiteren Unternehmern mit dem Ziel gegründet, die Digitalisierung der Bau- und Immobilienwirtschaft voranzutreiben und zu gestalten. Heute verstehen wir uns als Beratungsunternehmen für Digitalisierungsstrategien und als Netzwerk- und Knowledge-Plattform. Wir widmen uns der Vernetzung der Akteure in unserer Branche bei visionären Events, begleiten PropTechs bei ihrem Wachstum und vermitteln Wissen rund um die digitale Transformation der Immobilienwirtschaft. Mit Leidenschaft streben wir nach einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Bau- und Immobilienbranche.

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