Tokenisierung von Immobilien – Disruptiert die Blockchain die Immobilientransaktion oder ist sie nur ein nettes Spielzeug by Bloxxter GmbH

Geschrieben von
Marc
Drießen
Veröffentlicht am
Oct 30, 2023

In den letzten Jahren gab es keine Diskussion über neue Technologien, ohne dass neben Künstlicher Intelligenz auch das Stichwort Blockchain fiel. Und dennoch ist das Thema für viele Marktteilnehmer sehr abstrakt, denn das Wissen ist oft eher rudimentär und konkrete Anwendungsfälle sind so selten, wie das Stichwort oft fällt.

Missverständnisse und falsche Erwartungen

Laien antworten auf die Frage was Blockchain ist, oft etwas wie „irgendwas mit Bitcoin“. Das ist genauso richtig wie auf die Frage „was macht SAP“ zu antworten „irgendwas mit Gummibärchen“ – denn Haribo nutzt zwar SAP als zentrales IT System, aber SAP liefert eben eine Technologie, die universell, u.a. für Haribo einsetzbar ist. Und Bitcoin nutzt die Blockchain – oder Distributed Ledger Technologie – eben auch, um Transaktionen transparent aufzuzeichnen. Aber es ist eben nur eine von vielen möglichen Anwendungen für diese Technologie.

Von Fachleuten kommen auf die Frage was „die Blockchain“ ist, eher abstrakte Antworten, wie „Blockchain ist eine dezentrale Datenbank“ oder „ein dezentrales Protokoll für Transaktionen, die auf der Blockchain erfasst werden.“ Übersetzt bedeutet das, dass die Datenbank (bzw. in der Blockchain-Welt „das Protokoll“) nicht auf einem einzelnen Server liegt, sondern eben dezentral über viele Computer (so genannte Nodes) verteilt ist.

Die Blockchain-Technologie ist also genauso wie SAP keine Geschäftsmodell, sondern ein Mittel zum Zweck: In diesem Fall eine Technologie zur fälschungssicheren und transparenten Aufzeichnung von Transaktionen. Die Blockchain heißt Blockchain, weil die Transaktionen in sogenannten Blöcken protokolliert werden. Dabei besteht ein Block aus der gesamten Transaktionshistorie der jeweiligen Blockchain in Form einer Prüfsumme des vorhergehenden Blocks und einer Prüfsumme der gesamten Kette.

Transaktionen können zum Beispiel Zahlungen sein, aber auch jede andere Art von Information wie Abschluss von Verträgen oder Übertragung von Wertpapieren. Diese Transaktionen können jederzeit nachvollzogen werden, da sie in einem öffentlichen Register aufgeführt sind.

In den letzten drei Jahren sind dutzende Geschäftsmodelle mit Blockchain-Bezug in der Immobilienwirtschaft aus dem Boden geschossen. Wirklich belastbare Geschäftsmodelle waren kaum dabei. Was ist also dran an dem Hype um diese Technologie?

Der Gartner Hype Cycle verbildlicht den Stand der Technologie. Die meisten Anwendungsfälle und Geschäftsmodelle werden die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen. Aber nach der Phase der Desillusionierung werden sich die relevanten Modelle herauskristallisieren.

Aber welche Anwendungsfälle der Technologie werden sich denn nun in naher Zukunft durchsetzen?

In der Gartner 2019 CIO Agenda Survey gaben 60% der befragten CIOs an, dass sie in den nächsten drei Jahren eine Einführung von Blockchain-technologiebasierten Anwendungen erwarten.
Blockchain werde sich vor allem in Schlüsselbereichen der Bank- und Investitionsdienstleistungen durchsetzen. Insbesondere werde die Akzeptanz von digitalen Token zunehmen. Allerdings müsse jedoch noch beträchtliche Arbeit in nicht technologiebezogene Themen wie Standards und Regulierungsrahmen investiert werden, um ein Plateau der Produktivität zu erreichen – den Punkt, an dem die allgemeine Akzeptanz in dieser Branche einsetzt.

In der Immobilienwirtschaft werden unseres Erachtens zwei Themen zu den frühen Anwendungsfällen gehören, die sich durchsetzen.

  1. Tokenisierung von Immobilien

Optimisten glauben, dass Immobilien-Transaktionen in Zukunft überwiegend digital, zum Beispiel mittels so genannter Security Token – digitaler Wertpapiere – abgewickelt werden.

Allerdings ist eine Verkörperung von Eigenkapital bisher nach deutschem Recht unmöglich. Bei allen bisherigen Security Token-Offerings in Deutschland handelt es sich demnach um die Emission von qualifiziert nachrangigen Inhaberschuldverschreibungen. Zwar kann die Schuldverschreibung wirtschaftlich wie Eigenkapital ausgestattet sein, das Eigentum repräsentiert sie aber nicht. Die Tokenisierung von Assets ermöglicht es dabei nicht nur, eine Immobilie in Gänze zu veräußern, sondern eine Art Immobilienbruchteilseigentum. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: Durch die Kleinteiligkeit wird die Anlageklasse einer breiteren Anlegerschicht zugänglich gemacht und die Transaktionskosten werden verringert.

Diese Inhaberschuldverschreibungen sind auch in tokenisierter Form ohne weiteres handel- und übertragbar. Immobilien-Token können grundsätzlich über digitale Börsen zu Transaktionskosten unter 0,10 EUR gehandelt werden und es gibt praktisch keine Mindest-Investitionen. Übertragen wird der entsprechende Token als Träger der Zahlungsansprüche. Allerdings existieren bisher in Europa keine Börsen, die Security Tokens handeln dürfen.

Ehrlicherweise muss man konstatieren, dass der Mehrwert der Tokenisierung heute noch nicht vollständig realisierbar ist. Und dennoch erscheint es sinnvoll, sich mit den Möglichkeiten zu beschäftigen. Innerhalb der kommenden 12-24 Monate wird es regulierte Börsen in Europa geben, so wie es sie in USA und Asien bereits heute gibt. In Verbindung mit diesen erschließen Security Token eine neue Anlegerschicht. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass in den nächsten Jahren auch die Tokenisierung von heute urkundenpflichtigen Wertpapieren, wie Aktien möglich werden. Dann verbindet das Digitale Wertpapier die Vorteile der Eigenkapitalstellung in einem Immobilien-SPV mit kleinstmöglichen Investitionsbeträgen und diversen Kapitalstrukturen mit und ohne Stimmrechte.

  1. Grundbuch

Bei Kauf eines Grundstücks wird der Eigentümer entweder in einem zentralen Register (z.B. Grundbuch) oder in einer Urkunde eingetragen (USA). Im letztgenannten Fall wird die Information der Urkunde in der Blockchain abgelegt. Für jeden ist über den öffentlichen Schlüssel ersichtlich, wer der Inhaber der Urkunde ist. Mit dem privaten Schlüssel kann der Käufer die Urkunde an andere übertragen. Kryptographische Verschlüsselungen der in der Datenbank gespeicherten Transaktionen führen dabei dazu, dass die Datenbank mit heutiger Technologie de facto nicht zu manipulieren oder zu hacken ist. Insbesondere da jeder Node eine vollständige Kopie der Blockchain lokal gespeichert hat. Eine Manipulation der Blockchain müsste also zeitgleich über alle gespeicherten Blöcke auf allen lokalen Rechnern erfolgen. Eine Übertragung des Eigentums erfolgt dadurch rechtssicher, transparent und einfach.

Bei funktionierenden Grundbuchsystemen kann diese Technologie ebenso helfen. Jede Veränderung des Grundbuchs bedingt einen nicht unerheblichen bürokratischen Akt und ist gesetzlich in der Grundbuchordnung klar geregelt. Ein Eigentumswechsel ist nur vor einem Notar möglich (§ 311 b Bürgerliches Gesetzbuch). Dies dient zunächst dem Schutz der Vertragsparteien, stellt aber auch sicher, dass der Eigentumswechsel ordnungsgemäß stattfindet. In logischer Konsequenz ist eine Immobilientransaktion mithin nicht nur kostspielig, sondern auch zeitaufwendig. Die Blockchain-Technologie würde es ermöglichen, dass z.B. im ersten Schritt alle Notare oder beteiligten Banken ohne Mithilfe des Grundbuchamts Änderungen direkt vornehmen könnten und damit Kosten und Zeitaufwand nennenswert reduzieren könnten.  So führt Schweden ein Projekt durch, das die Blockchain-Technologie für das Landregister nutzbar macht. Basis ist eine private Blockchain, an der die Landregistrierungsbehörde und ausgewählte „trusted partners“ wie Banken oder Makler beteiligt sind, die in Schweden auch notarielle Funktionen übernehmen.

Ausblick

In fernerer Zukunft könnte sich die Tokenisierung auch auf die Immobilie an sich ausweiten. Denn es ist denkbar, dass die grundbuchrechtliche Handhabung und damit die Übertragbarkeit von Immobilien durch die Blockchain voll digitalisiert wird und somit eine gänzlich neue Form eines Markplatzes für Immobilien entsteht.

Über
Marc
Drießen

Marc Drießen ist CEO und Co-Founder von Bloxxter. Er hat über 20 Jahre Erfahrung in der Immobilienfondsbranche. Vor der Gründung von Bloxxter war er Geschäftsführer bei HANSAINVEST. Zuvor war er Geschäftsführer und Vorstand verschiedener Asset Manager.

Über
Bloxxter
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