Experteninterview DIN SPEC 91475 | 21st Real Estate
1. Wo liegen aus Deiner Sicht die größten Herausforderungen in der nachhaltigen Entwicklung & Bewirtschaftung von Immobilien?
Nachhaltigkeit im Immobilienmanagement ist immer eine Datenfrage. Mit einer BIM-Planung, digitalen Zwillingen und vollumfassender Gebäudeautomation haben wir die Mittel für grüne Gebäude in der Hand, schöpfen sie aber nicht aus. Wenn Datensammlung nach standardisierten Verfahren erfolgt, werden Transparenz und eine leichte Übertragbarkeit ermöglicht. Dann kann es Ausstrahlungseffekte auf die gesamte Branche geben.
2. Worin liegt der große Mehrwert der Definition von ESG-Datenpunkten für die ökologische Analyse von Immobilien für Immobilienbranche und -Unternehmen?
Nur eine standardisierte Vergleichbarkeit von ESG-Daten kann die reale Nachhaltigkeit von Gebäuden und Portfolios abbilden. Hier ist die DIN SPEC 91475 wegweisend. Wir haben das bei den praktisch unbrauchbaren Verbrauchsausweisen im Wohnbereich der vergangenen Jahre gesehen: Sparsamkeit in der Energiekrise oder Lockdown verzerren die Verbrauchswerte. Standards und Vergleichbarkeit beugen außerdem Greenwashing vor.
3. Welche Rollen spielen Deiner Meinung nach bereits heute bzw. werden zukünftig digitale Daten für ESG-konformes Immobilienmanagement spielen?
Datentransparenz ist essentiell, aber leider noch nicht ausreichend honoriert. BIM-Modelle, Sensorik und KI-Einsatz sind zwar wertvolle Helfer, aber es gibt noch eine gewisse Kostenscheu. Eine fortschreitende Standardisierung und Regulierung können den digitalen Prozess sicher beschleunigen. Denn schon jetzt sorgen höhere Mitarbeiter- und Mieterzufriedenheit sowie höhere Kaufpreise auf Grund digitaler Ausstattung für einen Mehrwert der Immobilie, der die Investitionen rasch amortisiert.
4. Was hat Dich persönlich zur Mitwirkung am DIN SPEC 91475 Entwicklungsprojekt getrieben?
Das Geschäftsmodell von 21st Real Estate basiert in Gänze auf der Zusammenstellung und Analyse von Daten mit der Hauptzielgruppe Immobilienwirtschaft, sodass eine Mitwirkung gleichsam geboten war. Zugleich glaube ich fest an Kooperation als Motor von Innovationen. Im Rahmen unserer Arbeitsgruppe gab es die glückliche Verknüpfung von Verbänden, Unternehmen und Wissenschaft.
Heike Gündling weist mit jahrzehntelanger Expertise in verschiedenen Bereichen der Immobilienwirtschaft und Digitalisierung auf. Sie bekleidete leitende Funktionen bei Bilfinger, Corpus Sireo, der BHF-Bank, Architrave und zuletzt bei 21st Real Estate.
21st Real Estate ist ein Softwareanbieter für Markt- und Standortanalyse u.a. in den Nutzungsarten Wohnen, Einzelhandel, Büro, Senior Living und Logistik. Die Lösung RELAS (Real Estate Location Analytics System) richtet sich an Projektentwickler, Asset Manager, Finanzierer und Corporates, die mithilfe des Tools Lagen, Immobilien und ganze Portfolios auf Knopfdruck analysieren und bewerten können. Milliarden Datenpunkte, mehr als 65 Millionen Miet- und Kaufpreise und die mittels KI (Machine-Learning) generierten Smart Data bilden die Grundlage der Bewertungstools und Prognosemodelle. Zu den Nutzern zählen u.a. die BerlinHyp, Allianz, Bauwens, Aachener Grund oder die Nassauische Heimstätte.