ESG verändert alles: Der Wandel vom „nice-to-have“ zum „must-have“

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Ein Kommentar zum Impuls ESG Whitepaper von Nikolas Samios von PropTech1

Nikolas Samios ist Co-Founder und Managing Partner des Venture-Capital-Fonds PropTech1, der sich auf PropTechs und die Digitalisierung der Immobilienwirtschaft spezialisiert hat. Bei den REAL PropTech Pitches 2021 stellte er das neue PropTech1 Whitepaper 2021 zum Thema ESG in der Bau- und Immobilienbranche vor.

Endlich handfeste Statements und konkrete Prognosen zum Thema ESG. Wie gewohnt hat der PropTech1 Research den Blick in die Zukunft mit Zahlen, Daten und Fakten untermauert. Bei der Vorstellung des Whitepapers 2021 durch Managing Partner Nikolas Samios auf der REAL PropTech Pitches Anfang März wurde schnell klar, dass dieses Thema für ihn eine echte Herzensangelegenheit darstellt: ESG ist weit mehr als bloßer Reporting Standard, es ist eine echte Business Chance.

„Zugespitzt kann man ESG als Reporting Gedöns bezeichnen“, erklärt Samios  und beruft sich damit auf ein Gerhard Schröder-Zitat. Oder aber man sieht die Regulatorik als echten Game Changer, der im positiven Sinne neue Business Opportunities eröffnet.

Was macht ESG überhaupt aus? Dieser Frage kann man sich laut PropTech1 aus unterschiedlichen Blickwinkeln nähern. Der öffentliche,gesellschaftliche Druck nimmt zu und rückt stärker ins Bewusstsein, insbesondere was das Thema Ökologie angeht. Zwar ist der Newsflow momentan noch stark durch die Coronakrise geprägt. Das eigentlich größere Problem, dem wir uns momentan als Gesellschaft stellen müssen, ist jedoch die Klimakrise. Und diese wird – sobald Corona etwas abflaut – auch wieder das beherrschende Thema in den Nachrichten sein. Neben der Fridays for Future-Bewegung ist da aber auch noch die zunehmend spannungsgeladene Situation im sozialen Sektor, die die Immobilienwirtschaft umtreibt. Auch das „S“ in ESG wird also immer relevanter und zum Treiber für Business Entscheidungen.

Man denke nur an Projekte in Berlin, die teilweise monate- oder sogar jahrelang verzögert werden, weil es an der Schnittstelle mit der kommunalen Politik und den lokalen Interessensgruppen hakt. Man denke an die Diskussionen zur „Enteignung von Deutsche Wohnen“, bei der man glaubt, den bösen Verursacher einer Mietpreissteigerung in Berlin ausgemacht zu haben. Diese Spannungen werden laut Nikolas Samios in Zukunft wahrscheinlich eher zunehmen.  Darüber schwebt eine immer größer werdende Menge und Vielfalt an Regulierungen – auf allen Ebenen.

Da wäre zum einen die europäische Ebene, die natürlich auch für Deutschland stark maßgeblich ist. Unter dem Begriff EU Taxonomie wird ein sehr großer Kriterienkatalog dafür definiert, was denn eigentlich grüne Geldanlagen sind – und das trifft natürlich auch den Immobiliensektor. In Zukunft wird es viel mehr Offenlegungspflichten geben, und dafür werden wesentlich mehr Daten benötigt als bisher. Damit müssen auch Immobilienunternehmen, die sich im großen Stil am Kapitalmarkt oder bei institutionellen Investoren mit Geld versorgen, sehr viel besser Klarheit darüber schaffen, was sie tun.

Auch werden viele Bail out Funds – also Gelder, die nach der Coronakrise paketiert wurden – in den Kontext des Grünen Wandels gestellt. Hier gibt es also ebenfalls Verknüpfungen: Man denke etwa an die Rettung von Air France, die nur unter der Bedingung erfolgte, dass Inlandsflüge von Air France künftig eingestellt werden.

ESG verändert Investmententscheidungen

Ferner entscheiden sich immer mehr Top Investoren weltweit, auch unabhängig von der Regulierung – natürlich aber damit einhergehend – ihr Anlageportfolio in Zukunft nach nachhaltigen Kriterien zu managen. Konkret bedeutet das, dass Multimilliarden-Fonds ihr Portfolio zu 10, 20 oder auch 40 Prozent grün, also ESG konform, gestalten.

Zu diesen Investoren gehört beispielsweise Blackrock, einer der größten Vermögensverwalter der Welt. Weil der Druck durch die Anleger steigt, besteht die Notwendigkeit, Fonds künftig grüner zu gestalten. Diesen Druck geben Investoren wie Blackrock nach unten weiter, indem sie dazu auffordern, nachhaltigere Assets zu produzieren. Dahinter steckt weniger die Motivation, die Welt zu retten, als vielmehr kommerzielles Kalkül: Es ist die Reaktion auf die steigende Nachfrage der größten Anleger.

Blackrock ist jedoch bei weitem nicht das einzige Beispiel. Die Liste von Top Investoren mit ähnlicher Ausrichtung wird immer länger. Schätzungen zufolge könnte bis 2025 die Hälfte des gesamten professionellen Vermögens in den USA nach nachhaltigen Kriterien angelegt werden.

Nun stellt sich also die Frage: Wie lässt sich daraus eine Geschäftsopportunität paketieren? Eine von Deloitte durchgeführte Studie macht das am Beispiel Immobilien deutlich. Sie prognostiziert nicht nur, dass das professionell verwaltete Vermögen von 46 Billionen US $ in 2018 auf 96 Billionen US $ in 2025 wachsen wird. Sondern auch, dass bis zum Jahr 2025 der Anteil des ESG konform verwalteten Vermögens um 19 % steigen wird, wohingegen der Anteil des Vermögens, der nicht den ESG-Kriterien entspricht, stagniert oder gleichbleibt. Das Wachstum im Anlegermarkt steckt also vollständig im Bereich der ESG konformen Investments.

Was bedeutet das aber bezogen auf den Deutschen Immobilienmarkt? Bei einem Bestand von ungefähr 21 Millionen Gebäuden – davon 18 Millionen Wohngebäude und 2,7 Millionen Nicht-Wohngebäude (ohne Industrie) – in Deutschland sind derzeit gerade mal ein paar Tausend als grün zertifiziert. Glaubt man der Studie von Deloitte, müssten also über 10 Millionen Gebäude bis 2025 grün zertifiziert (und vorher entsprechend um- und aufgerüstet) werden, um für eine Anlagestrategie nach ESG-Kriterien überhaupt noch zulässige Anlageobjekte zu sein. Das Wachstumspotenzial wäre mit über 300 Prozent pro Jahr immens.

Aus Investoren Perspektive entsteht ein Wandel von ESG als nice-to-have zum must-have. Wie erläutert kündigen immer mehr Vermögensverwalter den Wandel ihrer Investment Strategie an, weil die Erkenntnis drückt, dass die Berücksichtigung von ESG-Risiken zu einem hochwertigeren und stabileren Ertragsstrom führt.

Die Prognose von Larry Fink, CEO von Blackrock, dass bereits in nächster Zukunft eine Reallokation von Kapital stattfinden wird, ist damit Verheißung und Drohung. Zumindest solange, bis das aus dem Druck von außen (der Regulatorik) entstehende Cost-of-Capital-Problem für das Immobiliengeschäft gelöst ist. Die notwendigen Investitionen, insbesondere in den Bestand, kosten. Eine Refinanzierung ist nicht oder zumindest kaum in Sicht. Im Gegenteil: Die zurückliegenden Jahre zeigen deutlich, wie sehr energetische Sanierung blockiert wurde durch Nicht-Anreizpolitik.

Es bleibt abzuwarten, wie schnell sich der europäische und speziell der deutsche Markt bewegen, da wir hier traditionell (leider) circa 5 Jahre hinter dem amerikanischen zurückliegen. Schätzungen von Deloitte zufolge könnten ESG-Anlagen in den USA bis 2025 bereits die Häfte des gesamten professionell verwalteten Vermögens ausmachen.

ESG als größter GAME Changer unserer Zeit

ESG verändert alles. Mit dem mutmaßlich größten Game Changer aller Zeiten wird die Immobilienwirtschaft gehörig auf den Kopf gestellt. Nach Einschätzung von PropTech1 Chef Nikolas Samios ist ESG „here to stay“ – also ein Thema, das jede Industrie aufgrund des progressiven Voranschreitens der Klimakrise voraussichtlich noch jahrzehntelang begleiten wird. Das gelte insbesondere für die Immobilienwirtschaft, die für rund 40 Prozent der CO2 Emissionen verantwortlich zeichnet (wobei der Anteil der Bauindustrie noch gar nicht eingerechnet ist).

Darauf ist die Immobilienwirtschaft jedoch denkbar schlecht vorbereitet, beispielsweise bezogen auf die (un)systematische Erhebung von Daten, Digitalisierung oder Kundenkontaktmanagement. Um handlungsfähig zu werden, zu bleiben und ein Portfolio zu dekarbonisieren, braucht es eine entsprechende Datenbasis, neue Methoden, skalierbare Technik. Da das Wachstum der Assets praktisch ausschließlich auf grüne Immobilien beschränkt sein wird, ist die Entstehung eines historischen Nachfrageüberhangs durch den Druck der Vermögen wahrscheinlich. Die Nachfrage nach nicht ESG konformen Immobilien hingegen wird einen „brutalen Stopp“ erleben, so Nikolas Samios.

Durch das geringe Angebot und damit die Verknappung werden grüne Assets mindestens kurz- und mittelfristig einen Premiumpreis erreichen. Mehr grüne Assets zu schaffen, ist also das Gebot der Stunde. Hierbei geht es um den Neubau, vor allem aber um Retrofit, also um die Umrüstung von Bestandsimmobilien. Durch die zeitige Analyse, durch Identifikation von Potenzialen und die Implementierung von neuen Möglichkeiten können Unternehmen vom Wandel profitieren. Gemäß PropTech1 werden Anbieter grüner Immobilien, sowohl Neubau wie Retrofit, und deren Partner, Lieferanten, Enabler oder Banken die Change-Gewinner des laufenden Wandlungsprozesses unserer Industrie werden.

Und da kommen Start-ups ins Spiel: Unternehmen, die schnell und agil an diesen neuen Potenzialen arbeiten, die neue Technologien und Lösungen anbieten und auch zu Beginn überhaupt die Systeme bereitstellen, um die Daten zu beschaffen. Dementsprechend wird die Zusammenarbeit mit diesen „Schnellbooten“ auch für die tradierte Industrie praktisch alternativlos sein. Eine Einschätzung, der wir nur zu 100 Prozent zustimmen können.

Den vollständigen Vortrag als Video gibt's hier.

https://www.youtube.com/watch?v=Te4DrHBCp7A

Über PropTech1

Anfang 2018 ist PropTech1 mit dem Gedanken im Kopf gestartet, dass die Assetklasse Immobilien – die größte Assetklasse der Welt – weit zurückliegt: Nicht nur was die Digitalisierung betrifft, sondern auch in Puncto Prozess- und Methodenkompetenz und Nachhaltigkeit. Schon damals hat PropTech1 erkannt, dass in den USA bereits viel passiert ist, Europa hingegen in der Entwicklung noch zurückbleibt. Aus diesem Grund hat sich Proptech1 des Themas angenommen.

Das interdisziplinäre Team beinhaltet im Wesentlichen 3 Bestandteile: Venture Capital Experten wie Nikolas Samios, aber auch Real Estate Professionals sowie Analysten. So baut PropTech1 eine Datenbank aus Unternehmen auf, die an der Schnittstelle von Immobilien und Innovation agieren. Bisher sind bereits rund 650-700 Unternehmen Teil dieser Datenbank. PropTech1 beschäftigt sich mit dem gesamten Immobilienlebenszyklus und handelt dabei als vollkommen unabhängiger Investor.

Über blackprint

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